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Wenn du nichts besitzen willst, dann hat niemand Macht über dich

In den letzten Wochen hat mich ein Konzept besonders beschäftigt:

Wenn du nichts besitzen willst, dann hat niemand Macht über dich.

(Frei nach “Shaolin – Du musst nicht kämpfen, um zu siegen!: Mit der Kraft des Denkens zu Ruhe, Klarheit und innerer Stärke” von Bernhard Moestl)

Als erste Assoziation dazu kam mir, der Film “Fight Club” von David Fincher in den Sinn: “The Things you own, end up owning you”. Der Protagonist musste allen Besitz loslassen, selbst seine Gesundheit und sein Leben, erst dann war er frei.
Mir selber tut das schon beim Hinschauen weh und ich hänge auch zu sehr an meiner Gesundheit, als das ich einen Fight Club beitreten würde.

Für den Anfang reicht mir, weniger Kram zu besitzen.

Bloggen als Interviewvorbereitung

Mittlerweile habe ich zum Internetbrunnen schon drei Interviews gegeben (Coloradio, Mainzer Rheinzeitung und die TAZ) und zwei weitere Termine vereinbart. Das ging alles sehr schnell und ich konnte mich bisher noch nicht auf die Interview-Situation vorbereiten, ich glaube aber trotzdem, dass ich mich halbwegs gut schlage. Sprachlich muss ich noch an mir arbeiten aber inhaltlich war ich gut vorbereitet und ich denke, das liegt auch daran,  dass ich schon darüber gebloggt habe. Wenn ich einen Blog-Eintrag schreibe, bin ich gezwungen Ideen in halbwegs sinnvolle Sätze zu wandeln und dafür muss ich die Idee erstmal weiter denken. Das schreiben hilft mir also, meine eigenen Gedanken besser zu ordnen. In den Interviews musste ich deshalb nicht mehr über alles nachdenken und konnte teilweise auf meine Formulierungen zurückgreifen.

Das nächste große Ding: die Geradeauskrise

Die Industrialisierung hat uns viele schöne Krisen gebracht. Die aktuellen Highlights: Finanzkrise, Klimakrise, Ölteppichkrise und Terrorkrise, basieren alle auf dem selben Ursprung: Linearität.

Die Krise hat spätestens mit Adam Smith angefangen, der heraus fand, dass viele ungebildete und angepasste Menschen, durch den Einsatz von Arbeitsteilung, Druck (Durch einen Boss) und Maschinen viel effizienter produzieren können als Handwerker. Damals war es keine Problem ungebildete Menschen zu finden, aber es gab ein Anpassungsdefizit. Deshalb lagerte man der Produktionsstätte ein Anpassungslager vor, die sogenannten Schulen. Später wurde dieses System ausgeweitet. Das selbe Prinzip, dass für die Arbeiter funktionierte, wurde dann natürlich auch auf die “Bosse” angewandt. Das nennt sich heute Management. Auch hier wurden Arbeitsabläufe in kleine, einfache Teilaufgaben geteilt. Das klappte lange Zeit gut, aber kein Mensch kann so viele vor definierbare Operationen ausführen wie ein Computer. Erst wurden die Hände durch Roboter ersetzt, jetzt kommt Schritt zwei: Manager werden durch Entscheidungs-Algorithmen ersetzt.

Aber Computer werden uns zum Glück nicht alle Entscheidungen abnehmen können. Die Welt ist nicht Linear. Nicht nur die Natur macht was sie will, auch die Konkurrenz hält sich nicht mehr an diese lineare Abläufe. Der Markt wird momentan von Unikaten überschwemmt, da man den linearen Part ohne großere Probleme outsourcen kann. Manche Unternehmen haben das erkannt: Google und Amazon, aber auch die DHL bieten Outsourcing für Linearität an.

Wer nur verwaltet und alle Entscheidungen mit Hilfe von Excel und Entscheidungsbäumen trifft, wird bald durch ein App ersetzt. Die Bienen sollten jetzt lernen ihren Honig selber zu verkaufen, weil die Königin sie bald nicht mehr braucht.

Lineare Bildung

Wir haben ein Bildungssystem, dass uns auf den geraden Weg vorbereitet. Das aus einer Zeit stammt, in der Unternehmen mehrere Jahrzehnte bis zur Weltspitze brauchten. Und jetzt? Amazon (20.000 Mitarbeiter, 19Mrd. $ Umsatz) zieht in 10 Jahren an der Traditions-Firmen Quelle und Bertelsmann (100.000 Mitarbeiter, 15Mrd. € Umasatz) vorbei. Microsoft kam aus dem nichts auf Platz eins und wird jetzt bald von Apple und Google überrannt. Facebook.com hat mehr Einwohner als die USA und plättet weltweit die Lokalzeitungen. Es hilft einem nicht mehr alleine zu wissen was war, wer da noch mithalten will, muss darüber nachdenken was kommen könnte. Als Google angefangen hat, haben sie nicht überlegt wie hoch die Kosten für ihren Service werden und das mit den damaligen Umsätzen für Onlinewerbung verglichen. Google hat am Anfang ein Problem gelöst und dann einen kompletten Markt mit Submärkten (Bsp.: SEO und SEM-Spezialisten) geschaffen. Die meisten Bürokraten hätten eine Studie von McKinsey rausgeholt und festgestellt, dass man im Internet kein Geld verdienen kann! Dann hätten sie das Projekt eingestellt, abgeheftet und den nächsten Ordner geöffnet: “Oh, Kredite für Hausbesitzer, das ist ne sicher Anlage, das sagen auch die Lehmann Brothers, da müssen wir investieren $$$!

Generation Geradeaus = Generation Praktikum

Laut meiner Schulen war der Weg immer klar: Kindergarten > Schule > Hochschule > Festanstellung wurde nicht nur mir so gesagt, sondern auch Millionen anderen. Aber der Weg ist mittlerweile verstopft. Weil sie nie von etwas anderem gehört haben, als von einer Festanstellung. (Warum habe ich Monate lang lernen müssen, wie man Bewerbungen und Lebensläufe schreibt, aber nicht einmal einen Businessplan erstellt?)
Die meisten halten sich an diesen Plan und drängen in die großen Unternehmen. Da Angebot und Nachfrage den Preis bestimmen, gibt es mittlerweile soviele unbezahlte Praktikanten. Das ist nicht nur ein Armutszeugnis für die Arbeitgeber, sondern auch für die Perspektivlosigkeit unserer Schulsysteme. Die Generation gibt es schon viel länger. Es ist die Generation Geradeaus, nur dass die jetzt zum ersten mal sichtbar wird, weil der vorgegebene Weg überfüllt ist.

Liebe Generation Geradeaus
Wacht auf! Ihr glaubt ihr könntet durch ein Praktikum in ein Unternehmen nachrücken, dass froh über jeden Mitarbeiter ist, der in Rente geht und den sie nicht selber kündigen müssen. Wenn ihr eh kein Geld bekommt, dann verschwendet nicht auch noch eure Zeit. Was wollt ihr machen? Überlegt euch einen Weg, wie euer Leben verlaufen soll. Macht euch das Leben nicht mit festen Zielen (Bsp.: einen Oscar gewinnen) kaputt, sondern überlegt wie ihr gerne arbeiten wollt. Welche Fähigkeiten habt ihr und wer könnte diese Fähigkeiten brauchen. Betrachtet eure Fähigkeiten aus der Ferne: Nicht “ich bin Webdesigner”, sondern “Ich verstehe wie Menschen Informationen wahrnehmen und mit ihnen interagieren.” Aus der auf Webdesign-Agenturen beschränkten Sichtweise, entwickeln sich ganz neue Perspektiven. Schaltflächen-Entwicklung für Aufzüge, Formulare verständlicher machen… was weiß ich. Bei der Umformulierung geht es aber nur zum Teil um euch. Gerade für die anderen Menschen, mit denen ihr interagiert, schafft die neue Formulierung ganz andere Anknüpfungsmöglichkeiten: “Webdesigner, brauch ich nicht, aber ich habe da so ne Buchhaltungssoftware mit der ich jeden Tag arbeite und kenne den Chef gut, können sie die nicht mal überarbeiten?”
Das ist wie mit den Straßen, es gibt gerade Autobahnen, kurvige Landstraßen und holprige Feldwege. Grad wollen alle auf die Autobahn, weil sie gehört haben, dass sie da am schnellsten unterwegs sind, keiner weiß wo sein Zeil ist, deshalb gibts einen Rückstau bis auf die Landstraßen. Da fahre ich lieber mit dem Rad und wenn bald auch die Feldwege überfüllt sind, fahre ich Mountainbike.

Ziemlich lange ausgeholt um ein Video anzukündigen, aber Sir Ken Robinson hat sich bei seinem Vortrag auch alle mühe gegeben mich auf diese Gedanken zu bringen:

Viel Spaß bei der Bildungs-Revolution: