Warum hat die VRM nicht Google erfunden?
Gestern war ich beim Innovations Workshop der Verlagsgruppe Rhein Main und dort warf der Sprecher der Geschäftsleitung die Frage auf: “Warum hat die VRM nicht Google erfunden?” Ein Grund dafür mag sicher die geringe Risikobereitschaft gewesen sein, ich vermute aber die Kluft ist tiefer und die Frage sollte weiter gefasst werden:
Warum wurde Google nicht in Mainz oder Deutschland erfunden?
Warum wurde Google nicht von einer großen Firma erfunden?
Es ist ja nicht so, dass die New York Times oder irgendeine andere Tageszeitung ständig innovative und funktionierende Konzepte entwickeln. Mir fällt spontan nicht eine ein. Das liegt auch an der Weltsicht der Presse, denn die ist darauf ausgerichtet bestehendes zu vermitteln. Visionen und Möglichkeiten lassen sich nicht validieren und widersprechen zum Teil den journalistischen Qualitätsansprüchen. Sicherheit und Wahrheit sind wichtige Kriterien. Im Tagesgeschäft sind Fehler inakzeptabel. Aber Innovation erfordert eben eine Fehlerkultur.
Fehler machen -> lernen -> verbessern -> Fehler machen …
Google wusste bei der Gründung noch nicht, wie sie Geld verdienen werden und welche Goldgrube sie mit kontextsensitiver Werbung da gefunden hatten. Geld verdienen stand in den ersten Jahren noch nicht ganz oben in der Strategie, was sich als größte Stärke des Unternehmens herausstellte. Die Konkurrenz hatte zwar auch gute Suchergebnisse , aber durch die viele Werbung wurde mehr Bandbreite benötigten und deshalb waren sie langsamer. Der Suchende interessiert sich aber vor allem für das Ergebnis. Kein Geld zu verdienen wäre aber für eine Zeitung ein Fehler, weil deren Kerngeschäft darin besteht für Inhalte Geld zu verdienen und sehr genau auf Profitabilität geachtet werden muss.
Uni Mainz ist nicht Stanford
und Rheinhessen nicht das Silicon Valley. Viel entscheidender für die Entstehung von Google war das Umfeld. Während in Mainz noch Bleibuchstaben gesetzt wurden, lief in Kalifornien einen ganz andere Entwicklung ab. Ich lese zur Zeit immer mal wieder die Biografie von Steve Jobs
und bin total neidisch, wenn ich das lese. Auch wenn es mit Militärforschung angefangen hat, muss es dort in den 80er Jahren ziemlich abgegangen sein. Es gab nicht nur den Kampf zwischen Gates und Jobs, sondern auch Adobe, HP oder Xerox waren dort angesiedelt. Die Stanford University ist hier einer der wichtigsten Knotenpunkte. Sie hatte schon früh Computer Kurse und verbindet systematisch Nerds mit Unternehmern. Sie stellt sozusagen das innovative Rückrad der Region. Zudem lernt man dort etwas vollkommen anderes als die deutsche Betriebswirtschaftslehre. Die Ansätze sind oft viel praktischer. Es geht nicht nur darum Theorie zu verstehen, sondern Studenten werden dabei unterstützt Ideen in die Tat umzusetzen. Es geht um die “Execution”.
In Deutschland geht es immer darum einen Businessplan zu entwickeln. Das ist bei Startups anders. Dort gilt die Einstellung: “während andere noch schreiben und Excel Tabellen ausfüllen, bauen wirschon den Prototypen und gehen vor Investoren pitchen.” In Deutschland führt alles über die Bürokratie. Eine Firma muss auf dem Papier gut aussehen, scheitert dann aber oft beim ersten Kundenkontakt.
Wie kann die VRM das nächste Google erfinden?
Garnicht! Es ist eher unwahrscheinlich, dass aus einem eigenen VRM-Labor plötzlich das nächste große Ding kommt, aber das gilt für Millionen andere Unternehmen auch. Große Organisationen leiden immer unter Zwängen, denen Studenten und kleine Teams nicht unterliegen. Die können einfach drauf los probieren und wenn das eine nicht klappt, dann vielleicht was anderes. Fast keiner der Super-Gründer kommt aus dem Nichts. Jeder ist vorher schon einmal gescheitert oder hat was kleineres verkauft um den nächsten großen Coup zu landen.
Wie kann die VRM trotzdem in innovative Konzepte investieren?
Dafür sollten wir uns zu erst einmal anschauen, was die Verlagsgruppe bereits besitzt: Regionale Bekanntheit und Vertrauen bei den Lesern.
Damit kann man schon einiges anfangen. Denn genau das fehlt jungen Unternehmen in der Start-Phase und genau in diese Richtung wurde auch schon der erste Schritt unternommen. Als Partner vom Gründerwettbewerb des Nordhafens unterstützt die Allgemeine Zeitung bereits lokale “StartUps”. Und darauf kann man aufbauen. Vielleicht lässt sich daraus eine Gründerkultur hier in der Region entwickeln.
Mittelfristig könnte die Zeitung dann Reichweite gegen Unternehmensanteile tauschen, in wie weit sich das mit dem journalistischen Anspruch beißt, will ich nicht bewerten, aber dafür ließen sich sicher Lösungen finden.
Langfristig wäre der Aufbau einer Crowdfunding Plattform sicher sinnvoll um junge Unternehmen und Microinvestoren (Ein Teil der Leserschaft) miteinander zu verbinden. Dabei könnte man sich dann einen Anteil sichern und hätte vielleicht auch die ein oder andere spannende Geschichte im Finanzteil, über eines der Leser-StartUps.
Eine weitere Idee, wäre eine inhaltliche Ausrichtung auf lokales Unternehmertum und eine engere Vernetzung von Mainzer Institutionen und den Studenten, die oft nach dem Studium die Stadt verlassen. Auch eine Gründerkonferenz wäre gut um interessante Persönlichkeiten nach Mainz zu holen.