Mein Lean-Startup Jahr 2013
Ende 2012 kam ich gerade wieder aus den USA zurück und war erst mal ziemlich orientierungslos. Ich hatte zuviel neues erfahren und wusste nicht so recht, wie ich das alles zusammen kriegen sollte. Ich wusste noch nicht so recht, was ich machen sollte, aber mir wurde klar, dass ich nur sehr schwer als Angestellter arbeiten kann ohne depressiv zu werden.
Oft ist es aber der Zufall, der einen auf den richtigen Weg bringt. Anfang 2013 habe ich erst mal angefangen meine Erfahrungen aus dem Silicon Valley in Form von Vorträgen zu teilen. Dafür habe ich mir dann 10 Themen aus den Fingern gesogen und die Liste auch an Dominik vom Heimthafen geschickt. Für den ersten Donnerstalk entschied er sich dann für das Thema Lean-Startup. Und ich lernte Paul und Joachim vom Lean Startup Circle RheinMain kennen.
Ich war ganz schön aufgeregt, denn in Wahrheit hatte ich noch nicht wirklich Erfahrung mit dem Ansatz, aber es war dann doch schon recht OK. Nachdem ich mir also meinen Weg durch den Vortrag geblufft hatte, wurde es Zeit, dass ich mich auch mal intensiver damit beschäftige und je tiefer ich Einstieg, desto besser gefiel mir das Konzept. Ich liebe es Ideen einfach umzusetzen und dann zu schauen was passiert. Eigentlich sollte man sich beim Lean-Startup zwar eher mit einer Hypothese an den Markt wagen und definieren, was man am Ende erwartet, aber ich habe das nicht so klar definiert. Aber kommen wir zu meinen größeren Experimenten, die am Ende zu Pivots geführt haben.
Pivot – Medienbildung (gutenberg academy) wird staatlich finanziert:
Hier wurde mir zwar vom Uni-Gründerbüro unter die Arme gegriffen, als ich dann aber merkte, das für diese Förderungen wieder das selbe Ministerium verantwortlich war, das mir auch schon Geld für den Internetbrunnen versprach und nie lieferte, gingen bei mir alle Alarmsignale an und ich habe es nicht weiter verfolgt.
Pivot – Private Investoren fördern Medienbildung
Naiv wie ich bin, dachte ich mir: man muss nur was gutes machen und dann findet man schon Unterstützer, aber Pustekuchen. Man muss schon Informationen verkaufen. Vielleicht kann ich diesen Weg mal gehen, wenn ich genug Reichweite habe.
Pivot – Lean-Startup für den Mittelstand
Die Kalkulation sah gut aus und war ein klassischer Fail. Es gibt einfach nichts das schwerer ist, als etwas zu verkaufen, das die Leute noch nicht suchen. Vor allem, wenn weder das Konzept noch man selber die nötige
Bekanntheit hat.
Pivot – Gutenberg Bibel Neuauflage
Nachdem ich erst nach 3 Monaten einen Termin beim Museum bekam, entschied ich mich nach dem ersten Treffen meine Zeit anders zu investieren.
Treffer: Einfache Videos
Statt meinen Kopf jetzt in den Sand zu stecken fing ich an für die Gutenberg Academy und das Pengland viele einfache Videos zu erstellen. Eigentlich war das gar nicht als Geschäftsmodell gedacht, sondern eher als Kanal. Ich entwickelte Formate, die ich teilweise in unter einer Stunde erstellen konnte und merkte, dass ich damit eine Marktlücke erwischt hatte. Die meisten meiner Kommilitonen bieten nichts unter 3000€ an, dabei ist das für die meisten Zwecke einfach viel zu viel.
Nachdem ich jetzt wusste was ich anbiete, musste ich nur noch herausfinden, wer sich dafür interessiert. Und wenn ich gleich von einem Marktwechsel spreche, heißt das nicht, dass ich dort keine Kunden gefunden habe, man findet in jeder Nische nette Kunden, aber in manchen geht das leichter als in anderen.
1. Zielgruppe: Video-Stellenanzeigen
In den USA wurde bereits viele Jobs als Video ausgeschrieben und da ich durch meine Arbeit beim Monster diesen Sektor gut kannte, habe ich mir die Personaler als Markt ausgesucht. Meine Idee war es, denen Workshops oder Dienstleistungen anzubieten. Nach meinen ersten Gesprächen merkte ich aber, das dieses Projekt in Deutschland wenig Erfolgsaussichten hatte, weil die deutschen Personaler meist alt und wenig innovativ waren. Statt die Chance zu sehen, sah man nur die Gefahr sich zu blamieren. Nach den ersten paar treffen war das Klar, Markt-Pivot.
2. Zielgruppe: Hochschulen
Nachdem ich in den USA gesehen hatte, wie erfolgreich das MIT oder Stanford mit Youtube-Videos und e-learning sind, habe ich mich daran gemacht die deutschen Universitäten zu bekehren. Aber auch hier gab es mehrere Haken. Der größte war das deutsche Urheberrecht. Anders als in den USA darf man in Deutschland eine Vorlesung nicht einfach veröffentlichen und das hat jetzt nichts mit den Professoren zu tun. Das Problem sind eher die Folien und Zitate. Da Vorlesungen jetzt aber nur hochschulintern gezeigt werden dürfen, ist natürlich kein Budget vorhanden. Eins hat es aber gebracht, für meine Freundin gab es einen Nebenjob in ihrem Studiengang. Für mich stand aber ein neuer Markt-Pivot an.
3. Zielgruppe: Fortbildungen in Unternehmen
Geld sollte da doch eigentlich vorhanden sein, allerdings gestaltet sich die Akquise sehr schwierig. E-Learning lohnt sich erst ab einer gewissen Unternehmensgröße und da ist es dann meist schwer sich durch den betrieb zu arbeiten. Hier gibt es kein Totschlag-Argument, vielleicht gehe ich diese Markt später nochmal an.
4. Zielgruppe: SEOs
So langsam hatte ich verstanden wie ich schnell und effizient Videos erstellen und in den Suchmaschinen positionieren konnte. Also versuchte ich diese Dienstleistung anderen SEOs an zu bieten, ohne Erfolg. Ich hatte mir vorgenommen von 10 Anfragen mindestens einen Verkauf zu machen, dabei kam aber nichts zu Stande und ich zog weiter. Ich denke das lag vor allem daran, dass die meisten SEOs vor allem daran interssiert sind ihre eigenen Dienstleistungen zu verkaufen.
5. Contentmarketing für den Mittelstand
Diesmal habe ich mir die 30 größten Unternehmen aus Mainz rausgepickt und versucht ihnen Contentmarketing an zu bieten. Auch hier bekam ich fast nie eine Antwort, also entschied ich mich diesen Markt zu beerdigen. Pivot
6. Dann kam wieder ein Zufallstreffer: Gründer
Paul vom Leanstartup Circle & Rhein Main StartUps hatte mich gefragt ob ich mich nicht mehr in die Orga einbringen möchte und da ich ja so ein Video Typ bin, schleppte ich von da an meine Kamera mit und veröffentlichte verschiedene Videos zu den Events und bekam in Folge dessen, den ein oder anderen Kunden.
Um ganz ehrlich zu sein: ich habe nicht damit gerechnet, weil ich dachte Gründer sind notorisch knapp bei Kasse, aber damit hatte ich mich geirrt. Die meisten sind zwar knapp bei Kasse, aber einige eben auch nicht. Außerdem sind die Kosten meiner Videos jetzt auch nicht so extrem. Eine kleine Anzeige in der Zeitung kostet da mehr.
Ausblick:
Nachdem ich von März bis September nur wenige Aufträge hatte und dafür von Oktober bis Dezember so gut wie immer gearbeitet habe, versuche ich im nächsten Jahr die Arbeit besser zu verteilen. Jedenfalls freue ich mich schon mein Angebot nochmal zu überarbeiten, wenn ich dann mal wieder etwas Zeit habe.
Auch bei der 1000-Stunden-Woche geht es voran, aber dazu schreibe ich nächstes Jahr noch einen Artikel.
Toller Beitrag, danke dafür, dass Du auch Deine Ideen, für die der Markt (noch) nicht bereit war, hier angesprochen hast. Das Wort Pivot ist mir in dem Zusammenhang nicht ganz klar, meinst Du damit eine Art Wendepunkt, der dazu führt, dass Du die Idee nicht weiter verfolgst.
Ich denke, bei den deutschen Unternehmen ist vieles noch alteingesessen, so dass die neuen Medien nur in einem sehr langsamen Verfahren in die Unternehmen eintreten. Da stoße ich, dort wo ich arbeite, auch öfter an Grenzen.
Mit Deinem Ansatz für günstige Videos bist Du meiner Meinung nach auf dem richtigen Weg, auch bei größeren Unternehmen, bei denen die Entscheider noch old-minded sind. Zumindest fällt es mir leichter mich bei uns im Unternehmen etwas mehr mit Videotechnik einzubringen.
Hi Leo,
danke für dein Feedback. Also ein Pivot ist beim Lean Startup sowas wie ein Kurswechsel.
http://en.wikipedia.org/wiki/Lean_Startup#Pivot
Wenn man merkt, dass man die eigene Einschätzung des Marktes daneben lag, macht man den. Sobald man dann merkt, dass etwas funktioniert macht man nur noch Korrekturen, oder auf lean: Iterations